LÜTTJE LAGE
Klassenfahrten
In unserem Altherrenklub wird zurzeit ein Thema ziemlich heftig diskutiert: Klassenfahrten. Früher, in unseren Jugendjahren, gab es so etwas wie die europaweiten Klassentrips von heute gar nicht. So etwas wäre völlig undenkbar gewesen. Wir brachen bestenfalls in den Harz, den Solling oder in die Lüneburger Heide auf. Das waren eigentlich auch gar keine Klassenfahrten, sondern ganz schlichte Ausflüge. Weiter, das kann man heute sagen, reichte unser Horizont damals nicht.
Ich erinnere mich an eine Tour nach Polle an der Weser. Auf klapprigen Fahrrädern keuchten wir den letzten Anstieg zur Jugendherberge hoch. Höhepunkt des Ausfluges war, dass wir unserem Pauker heimlich nachts sechs Mäuse ins Zimmer schmuggelten. Was für eine Gaudi, allerdings mit Folgen. Unser Lehrer verdächtigte die ganze Klasse, wochenlang hatten wir nichts zu lachen.
Gemischte Klassen gab es seinerzeit noch nicht. Mädchen als Reisegefährtinnen, das war damals ein Traum, den keiner von uns auch nur zu träumen gewagt hätte.
Unser Freund Eduard, ehemals Staatsanwalt, reagiert derzeit auf das Thema Klassenfahrten besonders sensibel. Wenn das Wort Athen fällt, knirscht er mit den Zähnen. Seine Enkeltochter ist nach einer Reise zu den historischen Stätten mit Mutterfreuden im Gepäck zurückgekehrt. Und das irritiert einen Großvater ja denn doch.
Eine Gewissheit rund um Klassenfahrtenhaben wir alle gewonnen. Je weiter die schulische Reise, umso stärker ist die großväterliche Brieftasche engagiert. Und noch eine Erkenntnis ist mir aufgegangen: Der Opa miteinem Stall voller Enkel, elf sind es bei mir, istdas ganze Jahr auf Klassenfahrt. Jo.
Co. Hannoversche Allgemeine